Kastration beim Rüden
Kastration beim Rüden
Für viele Hundehalter kommt irgendwann das Thema Kastration auf den Tisch – soll ich meinen Hund kastrieren lassen? Wenn ja, wann? Welchen Grund gibt es für eine Kastration?
Kastration – aus welchem Grund?
Es gibt verschiedene medizinische Indikationen für eine Kastration beim Rüden:
- Hodentumore – hierbei dient die Kastration der Entfernung der Tumore
- Kryptorchismus – ein oder zwei nicht aus dem Bauchraum abgestiegene Hoden sollten auch chirurgisch entfernt werden. Im Bauchraum ist das Risiko einer Torsion (Verdrehung des Samenstranges und des Hodens um die Längsachse; die Durchblutung des Hodens wird gestört, eine Torsion ist sehr schmerzhaft) höher, zudem ist die höhere Umgebungstemperatur des Hodens im Bauchraum ein erhöhter Risikofaktor für Hodenkrebs.
- Hypersexualität – in Folge eines übersteigerten Sexualverhaltens kann es zu starken Aggressionen gegenüber anderen Hunden (besonders Rüden) aber auch zu starken psychischen Problemen (langanhaltende Appetitlosigkeit, Streunen/Weglaufen, Unruhe, Rastlosigkeit, Schlaflosigkeit, vermehrtes Speicheln) kommen. Hierbei ist jedoch wichtig zu unterscheiden, ob es sich tatsächlich um einen gesteigerten Sexualtrieb als Auslöser handelt, oder ob es Verhaltens- oder organische Probleme (z.B. eine Schilddrüsenunterfunktion) sind.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Kastration?
Diese Frage ist schwer zu beantworten – denn dies unterscheidet sich von Hund zu Hund und ist abhängig von seiner körperlichen und geistigen Entwicklung. So frustrierend für uns als Hundehalter die Pubertät oft ist, so wichtig ist sie für die psychische und körperliche Entwicklung. In dieser Phase findet eine Umstrukturierung im Gehirn statt, der Hund lernt eine bessere Impulskontrolle und eine höhere Frustrationstoleranz – er wird erwachsen. Diese Phase sollte man dem Hund nicht nehmen, denn sie ist wichtig für seine Entwicklung und auch für sein Sozialverhalten, insbesondere mit Artgenossen.
Auch das Körperwachstum spielt hierbei eine wichtige Rolle – bei frühkastrierten Rüden schließen sich die Wachstumsfugen langsamer bzw. später, sie werden also größer als ihre unkastrierten Artgenossen, was für die Gelenke und Biomechanik nicht unbedingt von Vorteil ist. Es gibt Studien, die zeigen, dass frühkastrierte Goldenretriever Rüden ein doppelt so hohes Risiko für Hüftdysplasie haben.
Wann ist also der richtige Zeitpunkt? Ihr Hund sollte die Pubertät durchstanden haben, was je nach Rasse und Hund zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt ist. Kleine Hunderassen kommen meist früher in die Pubertät und sind auch früher ausgewachsen als die größeren. Darüber hinaus sollte Ihr Hund ausgewachsen sein.
Gerne helfen wir Ihnen bei dieser Frage in einem Beratungsgespräch.
Kastration – das Allheilmittel bei Aggressionen und Verhaltensproblemen?
Viele Hundehalter wollen Ihren Rüden wegen Aggressionen an der Leine insbesondere gegenüber anderen Rüden kastrieren lassen. Doch eine Kastration ist hier nicht zwangsläufig die Lösung – vorher sollte das tatsächliche Problem ermittelt werden. Warum zeigt der Hund die Aggressionen? Gerade bei Angsthunden kann die Kastration zu einer Verschlechterung der Symptome führen. Oft handelt es sich hierbei auch um ein (erlerntes) Verhaltensproblem, dass sich nur mit viel Training unter Kontrolle bringen lässt. Hierbei kann die Kastration zwar hilfreich sein, dennoch ist sie nicht das Wundermittel, das sich viele Versprechen. Grade bei Verhaltensauffälligkeiten lohnt es sich oft, die Schilddrüse einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Um zu sehen, wie sich die Kastration auf das Verhalten Ihres Hundes auswirkt, ist es möglich, ihn kurzzeitig chemisch zu kastrieren. Hierfür wird ein Wachsimplantat unter die Haut gespritzt, welches die Entstehung von Sexualhormonen verhindert. Der Chip braucht ca. 6 Wochen, bis er seine Wirkung voll entfaltet, danach hält er je nach Chip für sechs bis 12 Monate. Der Chip ist zwar relativ teuer, ist aber oft sehr hilfreich bei der Entscheidung, ob die Kastration wirklich das bringt, was man sich verspricht – somit kann eventuell eine unnötige Operation verhindert werden.
Kastrationsmöglichkeiten
- Die klassische Kastration – hierbei werden die Hoden in Vollnarkose chirurgisch entfernt. Nach 4-6 Wochen ist der Rüde nicht mehr deckfähig, es werden keine Sexualhormone mehr produziert
- Die chemische Kastration – es wird mittels einer Spritze ein Chip implantiert, der die Bildung von Sexualhormonen für 6-12 Monate unterbindet. Der Chip braucht 4-6 Wochen bis er seine Wirkung entfaltet, dann ist der Hund für o.g. Zeitraum kastriert, nach Ablauf der Zeit kehrt die Hormonproduktion allmählich zurück
- Die Sterilisation – hierbei wird nur der Samenleiter durchtrennt, der Rüde ist nicht mehr deckfähig, produziert aber weiterhin normal Sexualhormone
Vor- und Nachteile einer Kastration
Vorteile:
- Kein Sexualtrieb mehr inkl. Der damit verbundenen Verhaltensweisen
- Kein Hodenkrebs und vermindertes Risiko für Krebs am After
- Seltener Probleme mit Prostatavergrößerungen und Perianalhernien
- Der Rüde ist zeugungsunfähig
Mögliche Nachteile
- Erhöhtes Risiko zur Entwicklung von Tumoren (bei großwüchsigen Rassen insbesondere Knochenkrebs, beim Golden Retriever erhöhtes Risiko für Lymphome)
- Größeres Knochenwachstum – Probleme für Gelenke und Biodynamik; bei einigen Rassen bei Kastration vor dem ersten Lebensjahr erhöhtes Risiko für HD
- Bei Kastrationen vor dem ersten Lebensjahr erhöhtes Risiko für Kreuzbandrisse
- Höhere Wahrscheinlichkeit einer Schilddrüsenunterfunktion
- Erhöhtes Risiko von Übergewicht
- Fellveränderungen sind möglich (Sog. „Welpenfell“; der Mangel an Sexualhormonen kann zu einem vermehrten Wachstum der Unterwolle führen. Dies betrifft besonders Langhaarteckel, Irish Setter und Cocker Spaniel)
Bei allen Fragen rund um die Kastration Ihres Hundes stehen wir Ihnen gern mit Rat und Tat zur Seite – rufen Sie uns an (04101 – 69 35 21), mailen Sie uns (hallo@landpraxis-kummerfeld.de) oder kommen Sie in unsere Sprechstunde!